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Ringer Stefan Kehrer gegen Ladenburger Sport-Vereinigung 1864 e.V.

Datum: 17.03.2008

Kurzbeschreibung: Verein hat Vorwurf rassistischen Verhaltens zu unterlassen


Der Kläger ist ein erfolgreicher und bekannter Ringer und u. a. Mitglied der Nationalmannschaft. Im Jahr 2006 wurde er zum „Ringer des Jahres“ gewählt. Er besuchte am 26.11.2006 als Zuschauer ein Fußballspiel der Landesliga zwischen der Mannschaft des TSV Viernheim und derjenigen des beklagten Sportvereins. Zusammen mit anderen Zuschauern hielt er sich in der Nähe des Tors des beklagten Vereins auf. Nach dem Abpfiff des Spiels kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung, in die ein Spieler der Mannschaft des beklagten Vereins, der Zeuge G., und der Kläger verwickelt waren. Der Auslöser für diese Tätlichkeiten und ihr Verlauf sind zwischen den Parteien streitig. Am folgenden Tag gab der beklagte Verein eine Presseerklärung heraus, in der es unter anderem heißt:

„1. Die Fußballabteilung der LSV 1864 Ladenburg verabscheut jegliche Gewalt oder Rassismus innerhalb und außerhalb des Spielfelds.
2. Sollte das Verhalten des Spielers G. für die in Rede stehenden Ereignisse mitverantwortlich gewesen sein, so entschuldigt sich der LSV Ladenburg in aller Form beim TSV Viernheim für das Verhalten des Spielers.
3. Der Spieler G. ist bis zur vollständigen Klärung der Ereignisse vom LSV Spielbetrieb freigestellt.
Anmerkung:
Während des Spiels wurde der Spieler G., üblicherweise ein sehr besonnener und ruhiger Mann von Viernheimer Zuschauern, die sich hinter und neben dem Tor platziert hatten, massiv provoziert und beleidigt. Nach rassistischen Zurufen von Zuschauern, unter anderem des vor kurzem zum Ringer des Jahres 2006 ausgezeichneten Bundesligaringers Kehrer (KSV Ketsch) wurde die Stimmung immer explosiver......“

Der Kläger hatte daraufhin beim Landgericht Mannheim Klage auf Unterlassung der Behauptung erhoben, er habe sich bei dem Fußballspiel durch rassistische Zurufe bemerkbar gemacht bzw. solche geäußert. Der beklagte Verein machte geltend, der in der Presseerklärung geschilderte Sachverhalt entspreche den Tatsachen.
Das Landgericht Mannheim hat der Klage stattgegeben und dem beklagten Verein unter Androhung eines Ordnungsgeldes von 250.000,00 € untersagt, zu behaupten, der Kläger habe bei dem Spiel rassistische Zurufe geäußert.
Die dagegen gerichtete Berufung des beklagten Vereins zum Oberlandesgericht Karlsruhe blieb ohne Erfolg: Soweit der beklagte Verein in seiner Pressemitteilung ausgeführt hat, der Kläger habe sich als Zuschauer während eines Fußballspiels am 26.11.2006 durch rassistische Zurufe bemerkbar gemacht, handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung. Träfe sie zu, wäre sie geeignet, den Kläger in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Daher hat der Kläger einen Anspruch gegen den beklagten Verein auf Unterlassung dieser Äußerung, sofern dem beklagten Verein nicht der Nachweis gelingt, dass die beanstandete Aussage zutrifft. Diesen Beweis hat der beklagte Verein nicht zu führen vermocht. Der Zeuge G. hat bei seiner Vernehmung angegeben, der Kläger habe ihn mit den Zurufen „Halts Maul, du Scheißtürke“ und „Dreckstürke, geh dahin, wo du hergekommen bist“ bedacht. Dagegen haben die vom Kläger benannten Zeugen durchweg angegeben, der Kläger habe keine derartigen Äußerungen getan und den Zeugen G. auch nicht in anderer Weise beleidigt. In seiner ausführlichen Beweiswürdigung hat der Senat festgestellt, dass alle Zeugen nicht als völlig neutral angesehen werden konnten und es auch nicht außer Betracht bleiben kann, dass der Kläger und die genannten Zeugen, sämtliche Anhänger des TSV Viernheim, aufgrund des Spielverlaufs - der TSV gewann 4:0 - weniger Anlass zum Ärger hatten als der Zeuge G., der als Verteidiger in der unterlegenen Mannschaft spielte. Nach der Beweisaufnahme vermochte sich der Senat kein sicheres Urteil darüber bilden, ob die Aussage des Zeugen G. oder aber die Aussagen der vom Kläger benannten Zeugen zutreffen.

Der beklagte Verein kann sich auch nicht auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen. Bei der Verbreitung von Tatsachenbehauptungen, deren Wahrheitsgehalt nicht endgültig festgestellt werden kann, ist zu prüfen, ob der Äußernde vor Aufstellung und Verbreitung seiner Behauptung hinreichend sorgfältig recherchiert hat. Der beklagte Verein hat sich nicht im erforderlichen Maß um Aufklärung bemüht. Den Verantwortlichen des Vereins war bekannt, dass das Verhalten des Zeugen G. nicht frei von Zweifeln war. Unter diesen Umständen durften sie sich nicht ohne weiteres auf die Angaben des Zeugen G. und einiger Mannschaftskameraden verlassen, vielmehr wäre der Verein gehalten gewesen, den Kläger zu hören, bevor er ihn in der Öffentlichkeit rassistischen Verhaltens bezichtigte. Das wäre dem beklagten Verein auch zumutbar gewesen, nachdem seine Verantwortlichen den Kläger namentlich kannten und deshalb ohne weiteres mit ihm Kontakt hätten aufnehmen können.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 12.03.2008 - 6 U 146/07 -


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